Wenn du noch nie etwas vom Impostor Syndrome gehört hast, dann kennst du vielleicht folgende Gedanken, die besonders im Job auftreten:
„Ich bin nicht so gut, wie alle denken. Irgendwann wird das jeder erkennen.“
„Ich verdiene es gar nicht, hier zu sein.“
„Ich hab den Job nur bekommen, weil ich Glück hatte.“
Kommen dir solche oder ähnliche Gedanken bekannt vor? Sie müssen gar nicht ständig auftreten, aber vielleicht in bestimmten Situationen? Wenn ja, dann hast du Bekanntschaft mit dem Impostor Syndrome gemacht.
Was ist das Impostor Syndrome?
„Menschen mit dem Impostor-Syndrome haben ein Gefühl der Unzulänglichkeit, lehnen ihre Errungenschaften und Erfolge ab und sind sehr selbstkritisch.“
Das Imposter-Syndrome wird auch Hochstaplersyndrom genannt und wurde von den Psychologinnen Pauline Clance und Suzanne Imes erstmals beschrieben. Wer unter diesem Syndrom leidet, glaubt dass er:
- unzulänglich ist.
- seine Erfolge nicht verdient hat, weil sie durch Zufall entstanden sind.
- seine Errungenschaften nicht wertschätzen kann, weil sie auf Glück beruhen.
- ständig überkritisch seine Leistungen begutachten muss, um nicht aufzufliegen.
- als Anfänger, Betrüger oder Nichtskönner entlarvt wird.
Diese Gefühle sind unabhängig vom wahren Leistungsvermögen und treten interessanterweise oft bei Menschen auf, die kompetent und leistungsfähig sind – also überhaupt nicht an sich zweifeln müssten.
Bei wem tritt das Impostor Syndrome auf?
Laut wissenschaftlicher Studien erleben schätzungsweise 70 Prozent aller Menschen diese Gefühle irgendwann in ihrem Leben.
Wichtig: Das Impostor-Syndrome kommt in allen Jobhierarchien vor. Es macht nicht vor aufstrebenden jungen Talenten oder erfahrenen Führungskräften im Top-Management von Dax-Konzernen halt.
Auch in unseren Coachings erleben wir oft gestandene Persönlichkeiten, die sich als Hochstapler „outen“ und oft völlig verblüfft sind, dass es für dieses Phänomen einen Namen und sogar eine Erklärung gibt. Das gibt wunderbare Aha-Effekte, wenn unseren Teilnehmern ein Stein vom Herzen fällt mit der Erkenntnis „Krass, ich bin ja ganz normal!“
Fun Fact:
Das Impostor Syndrome macht auch nicht vor Promis halt: Jodie Foster, Schauspielerin und Oscar-Gewinnerin sagt über sich: „Ich fühle mich immer wie eine Hochstaplerin. Ich habe keine Ahnung von dem, was ich mache.“ Sie ergänzt: „Vielleicht ist dies das Geheimnis meines Erfolgs.“
Auswirkungen des Impostor Syndromes
Das Gefühl des Hochstaplers kann auch im Privatleben auftreten, ist jedoch im Beruf deutlich häufiger verbreitet. So wird das Syndrom zu einem echt großen Stressor im Büroalltag:
- Solche Gedanken und Zweifel kosten unglaublich viel Kraft und setzen dich massiv unter Druck.
- Die Angst vor dem Ertapptwerden führt zu Dauerstress, was Schlafstörungen, Bluthochdruck oder soziale Isolation zur Folge haben kann.
- Psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen sind ebenfalls möglich.
- Wer am Hochstaplersyndrom leidet, arbeitet aus Angst vor der Enttarnung extrem hart im Job und vernachlässigt manchmal sogar Hobbys und Freunde.
- Die harte Arbeit wird oft durch Beförderung oder Gehaltserhöhungen belohnt. Das ist für den Hochstapler-Typen völlig überraschend und kaum nachvollziehbar.
- Nach der Belohnung fühlt sich die Position erst recht wacklig und ungerechtfertigt an. Der Hochstapler denkt weiterhin, dass er nicht gut genug ist.
Du siehst: Es bildet sich ein Teufelskreis. Objektiv haben diese Menschen keinen Grund zur Sorge. Subjektiv glauben die Betroffenen allerdings nicht, dass ihre beruflichen Erfolge von den persönlichen Fähigkeiten abhängen – und das erzeugt noch mehr Druck auf dem Kessel.
Ursachen des Impostor Syndromes
Wie so oft gibt es nicht eine klare Ursache, wann sich jemand wie ein Hochstapler fühlt. Ein paar Ansätze haben wir trotzdem für dich:
- Es wird vermutet, dass Selbstzweifel zu einem Drittel in den Genen verankert sind. Der Rest wird durch die Erziehung sowie die Umwelt bestimmt. Diese Zweifel bilden den Nährboden für negative Gedanken.
- Hauptursachen für das Hochstaplersyndrom können eine Kombination sein aus: einem geringen Selbstvertrauen und dem hohen Anspruch, alles perfekt machen zu müssen.
- Belegt ist auch: Das Syndrom ist bei den Menschen stärker ausgebildet, die aus einer eher bildungsfernen Familie kommen und eine akademische Laufbahn einschlagen. Forscher interpretieren es so: „Das Gefühl, nicht an der richtigen Stelle zu sein, lässt sie nicht los.“
Egal, ob du dich wieder erkennst oder nicht: Wir haben natürlich auch ein paar Möglichkeiten herausgesucht, wie du das Impostor Syndrome loswerden kannst.
Das Impostor Syndrome überwinden
Realitätscheck
Der erste Schritt ist: Mach dir bewusst, dass es diese falschen, negativen Gedanken in deinem Kopf gibt. Allein das Gefühl „Hey, ich bin damit nicht allein!“ hilft oft weiter.
Sobald du die Gedanken erkannt hast, kannst du mit ihnen arbeiten: „Aha! Ich habe diesen Gedanken, weil ich mich meiner selbst nicht so sicher fühle. Die Realität ist, dass ich jede Menge Bildung und Erfahrung habe. Ich habe auch viel Mühe in meine Arbeit gesteckt.“
Erfolge und Stärken bewusst machen
Die eigenen Erfolge und Stärken bewusst machen? Das ist leichter gesagt als getan! Im Alltag passiert es schnell, dass wir uns auf die To-do-Liste, die eingehenden E-Mails, Fehler und Schwächen konzentrieren. Was wird vernachlässigt: der Fokus auf Stärken, Erfolge und Leistungen.
Erstelle deshalb ab heute eine Liste der Dinge, Fähigkeiten und Stärken, die dich für deinen Job einzigartig machen. Notiere Erfolge, die du gemacht hast. Hol diese Liste an einem schlechten Tag raus und mache dir bewusst, was du alles drauf hast.
Geheimtipp:
Erstelle nicht nur irgendeine Liste, sondern eine echte Erfolgsliste – mit genau 100 Dingen, die du in deinem Leben schon erreicht hast.
Netzwerke bilden
Netzwerke unter Kollegen können wahre Wunder wirken. Unser Appell: Isoliere dich nicht, sondern hol dir Feedback von deinen Kollegen. Das funktioniert am besten, wenn du dir ein Netzwerk von Menschen schaffst, mit denen du dich zum Beispiel beim Mittagessen oder ganz informell beim Kaffee austauschen kannst.
Diese Menschen können deine Gedanken gerade rücken und dir versichern, dass du mehr kannst, als du gerade von dir denkst. Weiterer Bonus: Du kannst ehrliches und offenes Feedback erhalten. Ein solches Netzwerk ist Gold wert, um zu wachsen und sich zu entwickeln.
Durchdenke den Worst Case
Stell dir vor, du würdest wirklich ertappt werden. Jemand entlarvt dich als Nichtskönner und alle Kollegen schauen verächtlich zu dir herüber.
Wie kannst du dann reagieren? Was tust du in dieser Situation? Welche Argumente hast du in der Hinterhand? Genau diese Dinge sind deine kugelsichere Weste. Schreib sie auf, mach sie dir immer wieder bewusst. Sobald du weißt, dass du den Worst Case meistern kannst, lebst du deutlich entspannter.
Fazit
Wer unter dem Impostor-Syndrome (auch Hochstaplersyndrom genannt) leidet, hat häufig das Gefühl der Unzulänglichkeit, lehnt seine Errungenschaften und Erfolge ab und ist überkritisch gegenüber seinen Leistungen.
Geht es schnell, dieses Syndrom loszuwerden? Leider nein. Selbstzweifel und mangelndes Selbstbewusstsein sind oft tief in uns verankert. Solltest du deshalb aufgeben? Absolut nicht! Du kannst stetig daran arbeiten und die Tipps in diesem Artikel anwenden. Je länger du reflektierst und je mehr deine Erfolgsliste wächst, umso weniger fühlst du dich wie ein Hochstapler.