Fenster der Toleranz

Übung: Das Fenster der Toleranz

Täglich haben wir mit ganz vielen äußeren Anforderungen zu tun. Diese Anforderungen kann man auch als Stressoren bezeichnen. Wir leben in Beziehungen, wir gehen zur Arbeit und erledigen dort unseren Job, wir haben Ziele, Wünsche und Pläne, Ideen, Meinungen und Einstellungen.

Was ist das Fenster der Toleranz?

Den Bereich, in dem wir gut mit unseren Anforderungen klar kommen, nennt man auch “Fenster der Toleranz” – Der Zustand, in dem alles gut funktioniert, wir das richtige Spannungsverhältnis aus An- und Entspannung gefunden haben. Die richtige Balance. Hier bleiben wir ganz ruhig und gelassen. Wir fühlen uns nicht gestresst, kommen gut mit unseren Emotionen und Erlebnissen klar (Quelle: Mindsight: The new science of personal transformation).

Wenn wir dieses Toleranzfenster verlassen, gibt es zwei (Erregungs-) Zustände:

  • Wir erleben zu viel Erregung. Das heißt, wir empfinden Stress – unser Nervensystem reagiert mit dem Überlebensmodus “fight or flight”. Das kennst du vielleicht von dir, wenn du bei einem Thema immer wieder tierisch in die Luft gehen könntest oder voller negativer Gedanken steckst.
  • Wir erleben zu wenig Erregung. Wir “fahren runter” Machen gar nichts mehr, stecken den Kopf in den Sand.

Warum das Fenster der Toleranz dynamisch ist

Übrigens kann sich über den Tag verteilt unser “Toleranz-Fenster” weiter öffnen oder mehr schließen. Das kommt ganz darauf an, was wir gerade tun und wie wir uns fühlen. Stell dir eine Person vor, die noch früh am Tag erlebte Enttäuschungen gut wegstecken konnte. Diese Person funktioniert weiterhin einigermaßen gut, auch wenn die Dinge nicht ganz so nach Plan laufen (breites Fenster). Und dann – erst spät am Tag – wenn diese Person vielleicht müde, hungrig oder unter Zeitnot ist, geht sie vollkommen in die Luft angesichts der Erfahrung so enttäuscht zu werden (schmales Fenster).

Die Fenster variieren auch von Mensch zu Mensch. Während beispielsweise eine Person nach Erhalt eines negativen Feedbacks (schmales Fenster) am Boden zerstört ist, kann eine andere Person das Feedback in Kauf nehmen und es als nützliche, konstruktive Information betrachten (breites Fenster).

Das ist nämlich die gute Botschaft: Du kannst dein “Toleranz-Fenster” selbst formen. Du kannst es stetig erweitern, auch wenn es dir jetzt noch relativ klein vorkommt, kannst du Schritte unternehmen, um es zu erweitern und zu vergrößern. Je widerstandsfähiger du bist, desto handlungsfähiger bleibst du auch in Situationen, die dich sonst aus der Bahn werfen würden.

Warum ist das so wichtig: Ein Hoch und Runter der Gefühle kostet dich Kraft und Energie, die du an anderer Stelle verwenden kannst. Wenn es unglücklich läuft, wirst du von Mal zu Mal dünnhäutiger und dein Fenster der Toleranz verkleinert sich.

Ein Teufelskreis, den man mit Burnout bezahlt.

Deine persönliche Anleitung

Du kannst die Anleitung im Artikel lesen, oder aber die Vorlage hier herunterladen.

Schritt 1: Der Überblick

Schau dir diese Grafik an. Indem du dir bewusst machst, was die Anzeichen für zu viel oder zu wenig Erregung bei dir persönlich sind, schaffst du dir einen Überblick.

Fenster der Toleranz Übersicht

Schritt 2: Deine eigenen Erfahrungen

Erinnerst du dich an Zeiten, in denen du – trotz größtem Stress – ganz entspannt und ruhig geblieben bist. In dem du dein Fenster der Toleranz nicht verlassen hast?

Beschreibe diesen Moment im Detail, einschließlich dessen, was dich getriggert hat, was der Auslöser war (z.B. “Mir hat jemand die Vorfahrt genommen!”), was da bei dir emotional und körperlich passiert ist (z.B. “ Ich hab mich total ruhig gefühlt hat und mich kein bißchen aufgeregt. Ich hab mir vorgestellt, dass der andere Autofahrer total in Eile gewesen sein muss – vielleicht ein Notfall?!”) und was das Ergebnis ist (z.B. “Absolut keine negativen Auswirkungen”)

Fenster der Toleranz Fragen

Schritt 3: Finde deine Anzeichen!

Damit du besser, entspannter und ruhiger in deinem Wohlfühlbereich bleiben kannst (dem Fester der Toleranz) ist es äußerst hilfreich, die Dinge zu identifizieren, die darauf hindeuten, dass du gerade dabei bist diesen Bereich zu verlassen.

  • A. Was sind die Anzeichen dafür, dass du zu viel Erregung spürst? Das kann z.B. sein, dass du feststellst, gegenüber einem geliebten Menschen bissig zu werden, du plötzlich aufbraust oder dich aufgeregt und gereizt fühlst. Notiere diese Anzeichen unter “Zeichen, dass du hier bist”
  • B. Was sind die Anzeichen dafür, dass du zu wenig Erregung spürst? Zum Beispiel dass du nur wenig oder gar nichts zu Gesprächen beiträgst, dich nicht unter Leute begeben möchtest und du dich emotional flach oder auch taub fühlst. Notiere diese Anzeichen unter “Zeichen, dass du hier bist”
  • C. Wie bist du, wenn du in einem Wohlfühlbereich bist? Wie verhältst du dich? Du bist dann … wie? Notiere das im mittleren Feld.
Fenster der Toleranz

Schritt 4: Erweitere dein Fenster der Toleranz

Denk nun mal an zwei Dinge: Zeiten, in denen du trotz größter Stressfaktoren ruhig und gelassen geblieben bist und daran, was Anzeichen sind, dass du gerade im Begriff bist diese Zone zu verlassen.

Frage dich:

  • A. Was sind einige praktische Dinge, die ich tun kann, wenn ich spüre dass ich in einem Zustand großer Erregung bin, damit ich wieder gelassen und ruhig werde? Einige Beispiele: Du könntest tief ein- und ausatmen. Dir eine Auszeit nehmen. Meditieren. Eine Runde um den Block laufen. Achtsamkeitstechniken anwenden. Notiere diese Dinge unter „Sachen, die ich tun kann“.
  • B. Was sind einige praktische Dinge, die ich tun kann, wenn ich spüre dass ich in einem Zustand zu niedriger Erregung bin, damit ich wieder angepasst aktiv und gelassen werde? Du könntest einen flotten Spaziergang machen oder einen Freund anrufen, um zu sprechen oder ausdrucksstark zu schreiben, um die zugrunde liegenden Emotionen zu entdecken. Notiere diese Dinge unter „Sachen, die ich tun kann“.

Fazit

Eine tolle Technik, die bei unseren Coaching-Kunden unglaublich beliebt ist. Oftmals hören wir in dem Zusammenhang “Aha – stimmt – so hängt das also zusammen” oder auch “Mensch, das war ja einfach – jetzt weiß ich was zu tun ist!” Und genau diese kleinen Hebel bringen oft die größten Veränderungen im Umgang mit der eigenen Stressbewältigung – und führen zu mehr Leichtigkeit und Entspannung im Alltag.

Kostenlose Vorlage

Falls noch nicht geschehen: Lade dir hier die kostenlose Vorlage herunter und führe die Übung für dich durch:

Artikel inspiriert durch die Autoren: Hugo Alberts (PhD) und Lucinda Poole (PsyD) basierend auf Daniel Siegel’s Konzept “Das Fenster der Toleranz”.

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