Perfektion ist Quatsch
Nenn mir das Gegenteil von perfekt – das bin ich! Manchmal. Wenn’s mal wieder so weit ist, hadere mit mir, bin unzufrieden und manchmal auch echt unfair mir gegenüber. Besonders was meine Fitness anbelangt.
Ich bin eine Art Teilzeit-Triathletin. Über mich zu sagen, ich wäre eine Triahtletin geht mir einen Schritt zu weit. Aber egal wie es ist, bei dem Sport gibt es genügend Idealvorstellungen, die ich im Kopf hab. Die ich gerne erfüllen würde: Die Radstrecke in einem Schnitt von 30 km/h bewältigen! 10 Kilometer laufen unter 50 Minuten. In diesem verdammten Triathlondress ne gute Figur machen! Klappt meistens nicht!
Hast du auch Bereiche, in denen du gerne “perfekt” wärst?
In der Familie, im Job oder so wie ich, in einem Hobby? Viele streben nach Perfektion (alternativ nennen wir es Idealvorstellung). Sie wünschen sich einen schöneren Körper, eine Trainingsroutine, die in Fleisch und Blut übergegangen ist und das entsprechende Ernährungsverhalten, um das sie alle beneiden. Am besten alles zusammen.
Okay. Vielleicht etwas übertrieben. Aber die meisten von uns haben eine Idealvorstellung, wenn es um ihren Körper und ihre Fitness geht. Fit und “in shape” zu sein ist trendy, wichtig.
Wir streben nun also diese Idealvorstellung an. Jetzt mal eine verrückte Idee:
Wie wäre es, wenn wir diese Idealvorstellung erst gar nicht anstreben?
Wie wäre es, wenn wir das sein lassen? Perfekt einfach mal perfekt sein lassen. Uns stattdessen echtes Verständnis entgegen bringen. So wie wir einem guten Freund liebevoll Verständnis entgegenbringen, wenn er hadert, weil er schon wieder eine Diät abgebrochen hat. Oder morgens einfach zu müde war und nicht aus dem Bett kam, um im Fitnessstudio zu trainieren.
Wir sagen ihm: “Komm, ist schon okay”.
Wir können jetzt also unser Freund sein und uns sagen: “Hey, es ist okay so, wie du bist.”
Was ist also die Schwierigkeit mit Idealvorstellungen?
- Vorprogrammierte Enttäuschung: Wir haben eine ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit, an einem gewissen Punkt zu scheitern. Nicht mehr weiter zu machen, weil unsere Ziele zu hoch gesteckt waren. Was passiert dann? Wir fühlen uns schlecht. Ziemlich schlecht, weil wir in unseren Augen versagt haben. Oder zumindest nicht so stark waren, wie wir es uns vorgenommen haben.
- Mangelnde Zufriedenheit: Wir werden dieses (Schönheits-, Fitness-, Setze-ein-was-du-willst)-Ideal nie erreichen. Selbst wenn wir hart an uns arbeiten, kommen wir dem Ideal, was wir im Kopf haben, kaum näher. Ich kenne Sportler in meinem Freundeskreis, die sich die Teilnahme an einem Ironman zum Ziel gesetzt haben. Sie haben teilgenommen. Sie haben gefinisht. Aber sie waren nie zufrieden mit ihrer Leistung. Die Leistung traf nie ihre Idealvorstellung. Und schlimmstenfalls hört das nie auf – weil wir immer mehr wollen.
- Es dauert lange: Wir werden einige Zeit brauchen, diese Idealvorstellung zu erreichen. Muskelaufbau braucht Zeit. Schneller werden beim Laufen braucht Zeit. Vorausgesetzt, dass wir auch wirklich an uns arbeiten. Monate? Vielleicht Jahre. Auf jeden Fall liegt das Ergebnis in der Zukunft. Heißt: Heute Energie aufbringen und die Früchte der Arbeit lassen sich vielleicht erst viel später ernten. Puh!
Wie wäre es jetzt also, wenn es nichts gibt, nach dem wir streben müssen?
Wenn wir uns einfach auf den Moment konzentrieren und einen kurzen Check-up machen: Wir leben, wir atmen, wir sind hoffentlich gesund. Oftmals erkennen wir das nicht oder wertschätzen das nicht. Wir nehmen es als selbstverständlich. Stattdessen denken wir uns aus, wie toll unser Leben doch erst wäre, wenn wir dies oder das erreichen würden. “Wäre ich nur schlanker… schneller… sportlicher, dann…”
Stopp! Hier sollten wir jetzt mal innehalten und aufhören, immer zu nach mehr zu streben. Einfach Zufriedenheit im Moment finden! Ohne “ach wär ich doch…”-Idealvorstellungen zu träumen.
Also was wäre jetzt, wenn wir aufhören Idealvorstellungen zu jagen?
Okay. Jetzt fragst du dich vielleicht, was die Konsequenz ist? Hängen wir nur noch auf der Couch ab, werden faul, kugelrund und bequem. Naja… Eigentlich kommt’s genau anders.
Wenn wir nicht mehr nach Perfektion streben, annehmen wer wir sind, wo wir sind und in welchem Umfeld wir uns bewegen (also inmitten unserer Freunde, unserer Familie). Dann können wir einfach mal dankbar sein. Dankbar dafür, dass es uns gut geht.
Wie es funktioniert, die Zufriedenheit genau im Jetzt zu finden.
- Wir wertschätzen unseren Körper und unsere Gesundheit:
Und weil wir das wertschätzen, gehen wir achtsam mit unserem Körper um. Schlimmstenfalls nehmen wir als selbstverständlich an, was wir haben. Wir behandeln uns schlecht, weil wir nicht genug schlafen, zu viel essen, das Falsche trinken und uns zu wenig bewegen. Ein Akt der Wertschätzung gegen uns selbst, wäre, sich um unseren Körper zu kümmern. Bewegen, maßvoll essen und trinken, ruhige Momente zu haben. - Wir wertschätzen die Natur in der wir leben:
Es gibt so viel zu entdecken und zu bemerken in der Welt. Wir sollten unsere Zeit nicht indoor, online oder am Telefon verschwenden. Wir sollten rausgehen, die Natur genießen, frische Luft atmen. Unsere Körper draußen bewegen und dankbar sein, für alles, was uns die Natur schenkt. - Wir wertschätzen, dass wir uns selbstbestimmt ernähren können:
Anstatt uns mit Mist vollzustopfen, weil es so einfach ist und schnell geht, sollten wir dankbar sein, welche gesunden, frischen und regionalen Nahrungsmittel die Natur für uns bereit hält. Der Zugang zu frischen, vitaminreichen und bezahlbaren Lebensmitteln ist nicht selbstverständlich. - Den Moment wertschätzen, innehalten:
Dieser Moment ist großartig. Aber oftmals ignorieren wir das einfach. Konzentrieren uns auf das halbleere Glas. Stattdessen können wir uns hinsetzen, den Moment wahrnehmen. Zum Beispiel bei Achtsamkeitsübungen oder beim Yoga. Achtsam können wir sein, wenn wir laufen, Zähne putzen, Spazieren gehen, mit dem Rad fahren, Hanteln stemmen, Schwimmen.
Es gibt keinen Grund, immer nach Perfektion zu streben.
Nach Fitness und Gesundheits-Idealen.
Stattdessen können wir diese Ideale loslassen und das annehmen und schätzen, was direkt vor unserer Nase ist. Und mit Dankbarkeit, Herzlichkeit und Zufriedenheit auf uns Acht geben. Wenn wir diese Prinzipien anwenden, kommt der Rest von ganz alleine. Und der Start ist ganz einfach: uns ganz auf den Moment konzentrieren, in dem wir gerade sind.
Ein Fazit
In meinem Beispiel fange ich einfach mal damit an, zufrieden und glücklich zu sein, dass ich überhaupt Triathlon machen kann. Ich bin gesund, fit genug, um diesen wundervollen Sport auszuüben.
Die Zeiten sind mir mittlerweile – naja – nicht egal, aber ich kann besser damit umgehen, wenn ich gewisse Marken nicht knacke. So ist es dann eben. Und manchmal kam mit genau der Einstellung dann eine Platzierung auf (zumindest) dem Altersklassentreppchen zustande.
Wie geht es dir so mit dem Thema Perfektion? Hast du auch ein Beispiel? Ein Thema, bei dem du perfekt sein wolltest und mit dem du jetzt besser umgehen kannst? Das würde mich brennend interessieren. Ich freue mich über eine E-Mail von dir!
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