Resilienz stärken: Geht das überhaupt – oder ist uns diese wichtige Eigenschaft angeboren? Fragen wir anders: Wie überwinden Menschen äußerst stressige Lebensphasen wie den Tod eines geliebten Menschen, den Verlust des Arbeitsplatzes oder die Diagnose einer schweren Krankheit? Die erste Reaktion auf solche Umstände ist oftmals ein Anstieg negativer Gedanken: “Oh, nein. Das kann doch nicht sein? Warum musste es mich treffen? Jetzt ist alles vorbei!” und daraus resultierend ein enorm hohes Stresslevel – das einhergeht mit Unruhe, Zweifel, Ängsten, Sorgen.
Jedoch passiert mit diesen Menschen etwas Laufe der Zeit: sie passen sich irgendwie an.
Was ist Resilienz?
Menschen können sich unter Verwendung ihrer inneren Ressourcen von Widrigkeiten, Traumata, Tragödien, Bedrohungen oder erheblichen Stressquellen „erholen“. Hier findest du mehr zur Definition von Resilienz.
Greifen wir uns eine der vielen Deutungen heraus. Demnach beschreibt Resilienz
„den Prozess, die Fähigkeit oder das Ergebnis einer erfolgreichen Anpassung trotz schwieriger Umstände“
Garmezy, N., & Masten, A. S. (1991). The protective role of competence indicators in children at risk. In E. M. Cummings, A. L. Greene, & K. H. Karraker (Eds.), Life-span developmental psychology: Perspectives on stress and coping (pp. 151-174). Hillsdale, NJ, US: Lawrence Erlbaum Associates, Inc
Resilienz kommt vom lateinischen Wort resilire, was “zurückspringen” oder “abprallen” bedeutet. Auf den Menschen bezogen meint man damit die psychische Widerstandsfähigkeit – also die Fähigkeit, mit stressvollen Lebensumständen umgehen zu können und diese als Anlass für Entwicklung zu nehmen. Der Mensch greift dabei auf seine ganz eigenen persönlichen Ressourcen zurück.
Ein Bild, das oft als Sinnbild für Resilienz verwendet wird, ist der Gummiball: Egal wie sehr der Ball gedrückt wird, er kommt immer wieder zurück in seine ursprüngliche Form.
Wie kannst du deine Resilienz stärken?
Resilienz ist kein Merkmal, das Menschen haben oder nicht haben. Es beinhaltet Verhaltensweisen, Gedanken und Handlungen, die von jedem gelernt und entwickelt werden können. (Quelle)
Eine Möglichkeit, Resilienz zu stärken, besteht darin, aus ähnlichen Herausforderungen in der Vergangenheit zu lernen und sich daran zu erinnern, was er oder sie bereits weiß, aber möglicherweise vergessen hat. Was genau ermöglichte es dieser Person, eine Krankheit oder eine Scheidung zu überstehen oder wie geht sie damit um, wenn sie bei der Arbeit entlassen wird?
Resilienz stärken: Die strukturierte Anleitung
Es gibt ein paar simple Felder, die man sich genauer anschauen sollte, wenn man seinen persönlichen Resilienzplan erstellen möchte. Mach mit uns folgende Übung – sie hilft dir dabei, deine Ressourcen zu nutzen, um einen persönlichen Resilienzplan zu erstellen mit dem du zukünftige Herausforderungen gut bewältigen kannst.
Kleine Erinnerung: Resilienz ist die Fähigkeit, mit allem fertig zu werden, was das Leben dir bietet und stärker und standhafter als zuvor dort wieder raus zu kommen. Oder auch: “If life gives you lemons, make lemonade!”
Um diese Fähigkeiten zu finden und zu stärken, hilft es dir gewisse Fragen zu stellen. Hinter diesen Fragen verstecken sich persönliche Kompetenzen – auch deine Ressourcen genannt.
Um deine Resilienz zu stärken, haben sich 8 Schritte bewährt. Das sind sie in Kurzform:
Resilienz stärken
- Suche Beispiele aus der Vergangenheit
Welche Situationen hast du früher erfolgreich gemeistert?
- Identifiziere Supporter
Welche Personen haben dich in solchen Situationen unterstützt und standen an deiner Seite?
- Identifiziere Strategien
Welche Verhaltensweisen haben dich in diesen Situationen unterstützt?
- Identifiziere Quellen der Weisheit
Welche Denkweisen haben dir Kraft gegeben?
- Identifiziere lösungsorientiertes Verhalten
Was hast du konkret getan, um die Probleme zu lösen?
- Beschreibe eine aktuelle Herausforderung
Womit hast du momentan zu kämpfen?
- Erstelle deinen persönlichen Resilienzplan
Wie kannst du die Erkenntnisse aus der Vergangenheit nutzen, um jetzt erfolgreich zu sein?
- Wende den Resilienzplan an
Wie konkret möchtest du die aktuellen Herausforderungen angehen?
In den folgenden Abschnitten gehen wir näher auf die einzelnen Schritte ein. Als Hilfsmittel für deinen eigenen Resilienzplan kannst du ein Blatt A4-Papier nutzen, das du wie folgt aufbaust:
Schritt 1: Suche Beispiele aus der Vergangenheit
Um deine Resilienz zu stärken, suchst du zunächst eine Situation aus der Vergangenheit, die du gut gemeistert hast Denk an eine knifflige, vielleicht auch große Herausforderung, die du in deinem Leben schon mal gemeistert hast. Vielleicht eine Verletzung, ein negatives Feedback auf der Arbeit oder ein Streit mit Freunden oder in der Familie. Denk dich nochmal kurz in diese Situation und beschreibe diese kurz.
Schritt 2: Identifiziere Supporter
Welche „unterstützenden Menschen“ hast du in dieser Situation kontaktiert? Die, die immer an deiner Seite stehen, egal was kommt? Wer war hilfreich in der Situation? Hast du zum Beispiel einen alten Freund angerufen, einen Coach um Rat gefragt, oder hast du vielleicht von einem Elternteil oder Großelternteil einen aufmunternden Vortrag bekommen? Notiere in der oberen linken Zelle, wen du um Unterstützung gebeten hast.
Schritt 3: Identifiziere Strategien
Welche „Strategien“ hast du angewendet, um mit negativen Gedanken und Gefühlen in der schwierigen Situation umzugehen? Hast du zum Beispiel meditiert, in ein Dankbarkeits-Tagebuch geschrieben oder bist du spazieren gegangen? Hast du dir ein bestimmtes Lied oder eine bestimmte Art von Musik angehört? Oder hast mal wieder eine Massage genossen, um Spannungen abzubauen? Notiere in der oberen rechten Zelle, welche Strategien dir geholfen haben.
Schritt 4: Identifiziere Quellen der Weisheit
Welche Weisheit hat dir geholfen, mit der geschilderten Situation umzugehen? Die Weisheit umfasst Vieles: Einstellungen, Kraftgebendes, Inspirierendes. Es kann aus Liedtexten, Romanen, Gedichten, spirituellen Schriften, Zitaten des Berühmten, den Sprüchen der Großeltern oder aus der eigenen, gelernten Erfahrung stammen. Notiere in der unteren linken Zelle, welche Weisheit dich begleitet hat.
Schritt 5: Identifiziere lösungsorientiertes Verhalten
Welche lösungsorientierten Verhaltensweisen hast du angewendet, um dich aktiv mit dem Problem zu befassen? Hast du beispielsweise Probleme gelöst oder neue Informationen gesucht. Oder im Voraus geplant oder verhandelt. Oder hast du deine Meinung geäußert oder andere um Hilfe gebeten? Notiere in der unteren rechten Zelle, welche Lösungen du gefunden hast.
Schritt 6: Beschreibe eine aktuelle Herausforderung
Beschreibe jetzt eine aktuelle Schwierigkeit oder Herausforderung, mit der du konfrontiert bist. Nimm dir ein weiteres Blatt Papier zu Hand und baue es ähnlich auf wie das zuvor. Der Unterschied: Jetzt dreht sich alles um aktuelle Herausforderungen und problematische Situationen:
Schritt 7: Erstelle deinen persönlichen Resilienz-Plan
Jetzt schaust du, welches Verhalten und welche sinnvollen Ressourcen du für zukünftige Herausforderungen anwenden kannst. Schau auf deine Strategien, Support, Weisheiten und Lösungen, die du in der ersten Zeichnung notiert hast.
Notiere nun in einer zweiten Zeichnung alle Fähigkeiten, Unterstützungen, Strategien und Weisheiten, die für dich wieder funktionieren könnten. Auch wenn es scheinbar kleine Dinge sind: Oft ist es sehr leicht, die eigene Resilienz zu stärken.
Tipps:
- Gehe es kreativ an. Gestalte deinen Resilienzplan so, dass du ihn für neue herausfordernde Situationen auch nutzen kannst. Gestalte ihn flexibel: Es soll ein Masterplan werden, den du jederzeit aus der Tasche holst, wenn dich herausfordernde Lebensmomente beschäftigen und der dann auf die neue Herausforderung angepasst werden kann. z. B. wenn du dich bei einem arbeitsbedingten Problem an deinen Chef und nicht an ein Familienmitglied wendest, um Unterstützung zu erhalten.
- Egal wie lächerlich es für jemand anderen sein mag, immer wieder ein bestimmtes Lied zu hören, eine Tafel besonders teurer Schokolade zu kaufen oder ein Kinderbuch erneut zu lesen, allein du weißt, was dir hilft. Mach deinen Plan persönlich und somit sinnvoll und nützlich.
Schritt 8: Wende deinen Resilienzplan an
Um deine Resilienz zu stärken, fehlt ein letzter und extrem wichtiger Schritt: Setze deinen Resilienzplan in die Tat um.
Halte für dich noch eine Reihenfolge fest, wie du auf die Ressourcen zugreifen willst: Welche der Strategien, Supporter, Weisheiten oder Lösungsansätze willst du zuerst angehen? Welche ist dazu am besten geeignet.
Mach es dir einfach: Der erste Schritt ist oft auch der kleinste Schritt, den du unternehmen kannst, z. B. deinen Freund oder deine Freundin anzurufen. Platziere jetzt in deinem Resilienzplan die Nummer 1 neben der ersten Ressource, die du verwenden wirst. Nummeriere dann weiterhin deine verschiedenen Ressourcen in der Reihenfolge, in der du sie möglicherweise verwenden würdest.
Geh Schritt für Schritt durch die Punkte deines Plans, und arbeite dich durch deine herausfordernde Situation.
Du kannst im Nachgang immer mal wieder deinen Plan zur Hand nehmen und dich fragen:
- Wie gut hat dir der Plan geholfen, mit der Situation umzugehen? Kannst du ihn anpassen für kommende Dinge?
- Welche Ressourcen (spezifische lösungsorientierte Fähigkeiten / Unterstützungen / Strategien / Weisheiten) waren für dich am hilfreichsten? Warum?
- Welche Ressourcen (spezifische lösungsorientierte Fähigkeiten / Unterstützungen / Strategien / Weisheiten) waren für dich am wenigsten hilfreich? Warum?
- Hast du keine Ressource davon verwendet und wenn ja, warum?
Fazit
Du möchtest deine Resilienz stärken? Das ist gut so und wird dich im Alltag extrem voranbringen. Orientiere dich an den 8 Schritten in diesem Artikel und erstelle deinen eigenen Resilienzplan. Indem du auf die Vergangenheit blickst, kannst du entdecken, welche wertvollen Ressourcen bereits in dir stecken – auch wenn du sie in einer Krise nicht sofort siehst.
Inspiriert von den Autoren: Hugo Alberts (PhD) and Lucinda Poole (PsyD)
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht im Rahmen einer Blogtour im August 2022. Weitere spannende Artikel zum Thema Resilienz findest du hier:
- Dirk Raguse von dirk raguse training · coaching · beratung: „Einleitung zum Thema Resilienz“ unter: https://www.dirk-raguse.de/blog
- Angelina Weiss von Angelina Weiß – Resilienz-Coaching & -Mentoring: „Eine ressourcenorientierte Haltung ist entscheidend“ unter: https://www.angelina-weiss.de/blog-gesundesselbstundwohlbefinden
- Karolin König von Career Catalyst: „Resilienz bei der Jobsuche“ unter: https://www.careercatalyst.de/ressourcen
- Nicola Malkmus von Nicola Malkmus – Hypnose und Coaching: „Resilienz und Emotionen“ unter: https://www.dirk-raguse.de/blog