Ein Tagebuch kennt ja jeder – aber was genau ist ein Stresstagebuch? In diesem Artikel schauen wir genauer hin und stellen ein Werkzeug vor, das vielen unserer Teilnehmer enorm dabei hilft, sich selbst und die Mechanismen im Alltag besser zu verstehen.
In den letzten Artikeln haben wir einiges über Stressauslöser (Stressoren) geschrieben. Auch wenn wir sie nicht immer mögen: Sie sind unser täglicher Begleiter. Sie prasseln auf uns in ganz unterschiedlicher Form ein: nervende Smartphones, der Stau auf dem Weg zur Arbeit, Ärger mit dem Chef und die überraschende Liebeserklärung des Nachbarn.
Falls du dir nicht schon längst die Frage gestellt hast, tun wir’s: “Was stresst dich eigentlich??”
Ja, genau! Schau mal auf deine ganz persönlichen Stressoren: Die Dinge, die dir auf den Keks gehen, den Blutdruck steigen lassen und dich stressen.
Interessiert? Dann lies weiter!
Wie so häufig ist der erste logische Schritt, dir einen Überblick zu verschaffen: Stressauslöser sammeln und Ordnung in dieses Chaos bringen – Lass uns gleich starten!
Was ist ein Stresstagebuch?
Lust auf eine kleine Aufgabe? Keine Sorge, du musst weder knifflige Rechenaufgaben lösen noch einen Handstand machen. Stattdessen bekommst du ein ganz einfaches Werkzeug: das “Stresstagebuch”.
Mit diesem Werkzeug beginnst du deine persönliche Bestandsaufnahme: Was stresst dich, wie bewertest du das und wie reagierst du? Natürlich machst du das ganz auf deine Art, z.B. in einem kleinen Notizbuch oder mit unserer genialen Vorlage, die du hier herunterladen kannst.
Folge den drei einfachen Schritten im nächsten Kapitel.
Denn wenn wir dich jetzt fragen: “Was stresst dich am meisten?” würdest du vielleicht erst mal nachdenken müssen, aktuelle Stressoren stünden im Vordergrund und kleine, nervende Stressoren könntest du übersehen.
Nun willst du genau wissen wie’s geht?
Die Anleitung für dein persönliches Stresstagebuch
1. Schritt: Starte mit diesen Fragen:
- Was war positiv am heutigen Tag? Was hat mir Freude bereitet?
- Was war negativ am heutigen Tag? Was hat mich gestresst?
Ja, du liest richtig: Auch die positiven Erlebnisse werden notiert. Protokolliere deine Erlebnisse, beschreibe Situationen und führe es am allerbesten schriftlich – dann, wenn der Eindruck noch frisch ist. Falls das nicht praktikabel ist, machst du am Abend eine Art “Tageszusammenfassung”.
2. Schritt: Frage dich – Wie bewertest du die Situation?
Schau etwas genauer drauf und beantworte dir selbst folgende Fragen:
- Wie bewerte ich die Situation (bzw. das Verhalten anderer, mein Verhalten).
- Warum bewerte ich sie als lästig und stressig? Oder als kraftgebend und aufbauend?
- Kommt der Stressor von außen (von wem oder was?) oder setze ich mich selbst unter Druck?
Das ist ein wichtiger Punkt bei der Erstellung deines Stresstagebuchs: Ein Stressor an sich ist neutral und kann positiv (als Herausforderung) oder negativ (als Problem der Bedrohung) wahrgenommen werden.
3. Schritt: Frage – Wie hast du darauf reagiert?
Jetzt ist nur noch offen, wie du dich dabei gefühlt hast, wie deine Reaktionen waren:
- Was fühle ich in der Situation?
- Welche körperlichen Reaktionen werden ausgelöst?
- Was tue oder sage ich?
- Aus welchem Grund empfinde ich diese Situation gerade jetzt als negativ/positiv? (Schwingen da Erwartungen oder Befürchtungen mit?)
Die besten Tipps für dein Stresstagebuch
- Für einen schnellen Einstieg kannst du Vermerke in deinen Terminkalender notieren; vielleicht willst du einfach mit Symbolen arbeiten. So kannst du stichwortartig das Erlebte notieren und mit einem positiven oder negativen Symbol versehen. Das hilft dir später, die Situation nachzuvollziehen und Rückschlüsse bei der Bewertung der Situation zu machen.
- Achte auf die Kleinigkeiten – es geht bei dem Stress-Tagebuch nicht (nur) um die großen Dramen. Vielmehr die kleinen, alltäglichen Dinge, die dich ärgern, enttäuschen oder belasten.
- Starte sofort – bleib mindestens eine Woche dran. Zwei bis vier Wochen sind noch besser. Wir versprechen dir: Das wird total spannend. Du wirst klare Muster erkennen.
- Bleib Beobachter – Das mag dir vielleicht ein wenig schwer fallen, denn du bist in dem Fall Beobachter und gestresste Person in Einem! Trotzdem: Versuche nicht, direkt Lösungen für das zu finden, was den Stress in dir verursacht hat oder das Geschehene zu bewerten. Versuche im ersten Schritt neural die Situation zu erfassen. Als würdest du dich neben dich stellen und die Situation nochmal von außen beobachten.
Das Ergebnis wird dich vielleicht überraschen: Du wirst sehen, welche belastenden oder entspannenden Situationen und Rahmenbedingungen dich beschäftigen.
Das bringt dir ein Stresstagebuch
Es ist der erste Schritt in Richtung „Weniger Stress – Mehr Balance“
Du bist der Antwort auf die Frage: „Was stresst mich eigentlich?“, ein gutes Stück näher gekommen. Denn: Du machst dir (vielleicht zum ersten Mal) bewusst, was dich niedergeschlagen, nervös oder aggressiv macht. Oder glücklich, entspannt und relaxt. Vielleicht kannst du hinter deinen Reaktionen Muster erkennen: Etwas, was dich immer auf 180 bringt. Dieser eine Satz, der dich in Sekundenschnelle unter Druck und Stress setzt.
Vielleicht gibt es Zusammenhänge, die dir vorher gar nicht bewusst waren: Dass du dich z.B. deiner Kollegin gegenüber immer besonders unfair verhältst, wenn du am Vorabend zu lange vor dem Fernseher hängen geblieben bist und zu wenig Schlaf bekommen hast.
Fazit
Wie so oft ist der erste Schritt in Richtung Veränderung, uns klar zumachen, wie wir uns bisher verhalten haben. Damit wir unser Stress-Verhalten besser verstehen, macht es Sinn genauer hinzuschauen und den täglichen Stress unter die Lupe zu nehmen.
Durch diese Bestandsaufnahme schaffst du dir ein besseres Bild darüber, was mit dir in diesen Situationen geschieht. Versuche, dich in den kommenden Tagen ganz bewusst und achtsam zu beobachten – besonders in Situationen, in denen du dich gestresst fühlst.
Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert. Albert Einstein