Kennst du auch das Gefühl, dass du dich nach einer Videokonferenz ausgelaugt und müde fühlst? Keine Sorge – damit stehst du nicht allein da. Das Phänomen der Zoom Fatigue ist bekannt und bei genauerem Hinsehen logisch nachvollziehbar. Aber beginnen wir mit der grundlegenden Frage: Was ist überhaupt Zoom Fatigue?
Was ist Zoom Fatigue?
Zoom Fatigue oder auch Zoom-Müdigkeit ist ein Gefühl der Erschöpfung, das durch zahlreiche oder lange Videokonferenzen auftritt. Dabei ist Zoom natürlich nicht der einzige Übeltäter – das Phänomen tritt unabhängig von der verwendeten Software auf.
Wer unter Zoom Fatigue leidet, verspürt oft einige oder alle der folgenden Symptome:
- Gefühl von Müdigkeit oder Erschöpfung nach einem Video-Call („Ich fühl mich echt ausgelaugt.“)
- Kein Gefühl von positiver Energie, das sonst im sozialen Kontakt mit Menschen auftritt
- Gefühl von Anspannung während des Meetings
- Gefühle von Ängstlichkeit oder Stress bereits vor einem Meeting
Wenn dann noch Technikprobleme oder stockende Kommunikation dazu kommen, fühlt sich wohl jeder irgendwann erschöpft.
Ursachen von Zoom Fatigue
Die folgenden Punkte könnten wir kurz zusammenfassen: Der Mensch ist evolutionär gesehen nicht für virtuelle Kommunikation über kleine Fenster gemacht. Schau mal auf die Ursachen von Zoom Fatigue:
- Fehlende Körpersprache: Ein kleines Zwinkern? Winzige Regungen in der Mimik? Was unser Gehirn von Kindesbeinen an richtig zu interpretieren lernt, geht in Videokonferenzen oft verloren. Das Ergebnis: Alle Beteiligten müssen sich stärker konzentrieren – und das ermüdet auf Dauer.
- Der Blick auf dich selbst: In Videokonferenzen ständig das eigene Gesicht sehen? Das hat bei vielen Menschen negative Effekte: Vielleicht bist du übermäßig kritisch dir selbst gegenüber oder achtest genau auf dein Aussehen und Handeln. Auch hier muss das Gehirn im Gegensatz zu „normalen“ Meetings mehr Reize verarbeiten – und auch das führt zu Müdigkeit und Zoom Fatigue.
- Stärkeres Multitasking: In Videokonferenzen ist die Versuchung groß, schnell Kleinigkeiten nebenbei zu erledigen. Das Problem: Auch das fordert unser Gehirn stärker. Gleichzeitig lässt die Qualität der Arbeit nach, weil du zu sehr abgelenkt bist.
- Starke empfundene Nähe: Moment … sollten sich Videokonferenzen nicht eigentlich distanziert anfühlen? Der Stanford-Professor Jeremy Bailenson hat genau das Gegenteil festgestellt: Indem mehrere Menschen praktisch „direkt auf deinem Schreibtisch sitzen“, dringen sie in deinen persönlichen Bereich ein. Diesen Bereich teilen wir normalerweise nur mit engen Vertrauten – oder aber Feinden in einem Kampf. Die empfundene Nähe versetzt das Gehirn in einen hyperaktiven Zustand – du bist angespannter und gestresster. Dieser Effekt wird übrigens verstärkt, wenn die Gesichter im Zoom-Meeting besonders groß dargestellt werden.
- Unterschiedliche Persönlichkeitstypen: Introvertierte und Extrovertierte werden aus unterschiedlichen Gründen durch Videokonferenzen besonders ermüdet. Während Extrovertierte den Energieschub durch „echte“ soziale Kontakte vermissen, ist für Introvertierte eine Videokonferenz mit mehreren Teilnehmern oft noch anstrengender als ein „reales“ Meeting.
- Ständiger Blickkontakt: Weder im Alltag noch in „normalen“ Meetings starren wir uns ständig gegenseitig an. In Videokonferenzen gehört das jedoch beinahe zur Etikette, schließlich kann ein ständiges Wegschauen schnell als Unhöflichkeit gedeutet werden. Wir alle sind also einer großen Anzahl von Blickkontakten ausgesetzt, was evolutionär gesehen uralte Muster auslösen kann: Die Sorge vor negativer Bewertung und Ausschluss aus der Gruppe kann bei vielen Menschen echten Stress erzeugen.
- Verzögerungen in der Übertragung: Kurze Aussetzer im Ton? Eine leichte Verzögerung im Audio? Das kann laut Untersuchungen dazu führen, dass wir die anderen Personen negativer wahrnehmen und ihnen gegenüber misstrauischer werden.
- Das Gehirn ist mehr gefordert: Um nichts zu verpassen, musst du dich stark auf das Gespräch konzentrieren. Außerdem musst du vermehrt auf Kleinigkeiten achten, wie zum Beispiel ein übertriebenes Kopfnicken, wenn du einer Aussage zustimmen möchtest. Und was ist mit Störgeräuschen und unterschiedlichen Hintergründen? Auch das muss vom Gehirn verarbeitet werden.
Jeder Punkt für sich mag nicht übermäßig anstrengen, aber die Dosis macht das Gift. Wenn unser Gehirn Gespräche völlig anders verarbeiten muss als in einer „normalen“ Umgebung und viel mehr Reizen ausgesetzt ist, werden wir schneller müde – und genau das löst das Phänomen Zoom Fatigue aus.
Die besten Strategien, um Zoom Fatigue zu vermeiden
Du musst ab und zu Videokonferenzen durchführen, möchtest aber möglichst nicht die negativen Effekte spüren? Dann können dir die folgenden Tipps helfen:
- Multitasking vermeiden: Auch wenn die Versuchung groß ist: Lass die kleinen Dinge „nebenbei“ einfach sein – sie lenken nur ab, strengen an und steigern dadurch Zoom Fatigue.
- Schaffe Abwechslung: Schau mal aus dem Fenster, ändere die Größe vom Zoom-Fenster, verändere die Sitzposition oder wippe mit den Füßen. Stell dir vor, du würdest in einem normalen Meeting sitzen – auch dann würdest du ab und zu woanders hinschauen oder deine Haltung verändern.
- Video aus: Denk dran: Für unser Gehirn ist es anstrengend, wenn viele Menschen in unserem „privaten Bereich“ praktisch direkt auf dem Schreibtisch sitzen. Die Lösung kann so einfach sein: Einfach mal das Video ausschalten. Versuche, diese Spielregel im Team zu vereinbaren.
- Kein virtueller Spiegel: Stelle deine Software so ein, dass du dich selbst nicht siehst. Damit vermeidest du die negativen Effekte, die beim ständigen „Schauen in den Spiegel“ verursacht werden.
- Pausen zwischen Meetings: Warum Meetings immer 30 oder 60 Minuten dauern lassen? Viel praktischer für alle sind kürzere Zeitfenster, wie zum Beispiel 25 oder 50 Minuten. Automatisch werden damit Pausen eingebaut – und das kann Zoom Fatigue zumindest vermindern.
- Auch mal telefonieren: Früher ging es doch auch! Zumindest wenn ihr nur zu weit oder maximal zu dritt redet, gibt es auch noch das gute, alte Telefon. Zugegeben: Dort gibt es gar keine Körpersprache, aber dafür werden andere negative Effekte von Zoom Fatigue vermieden. Die Mischung macht’s!
- Augen entspannen: Den Blick in die Ferne schweifen lassen, Augengymnastik, die Augen auch mal schließen – eine wichtige Strategie für alle, die viel am Bildschirm sitzen.
- Öfters mal bewegen: Ein Klassiker, der nicht nur gegen Zoom Fatigue hilft – beweg dich! Es muss nicht das volle Power-Workout sein, auch kleine Dinge wie der Gang in die Kaffeeküche (oder besser: um den Block!) bringen positive Effekte.
Fazit
Sind Videokonferenzen schlecht, weil Zoom Fatigue auftreten kann? Auf keinen Fall – schließlich ermöglichen sie so manches Gespräch, das sonst vielleicht nie stattgefunden hätte.
Allerdings sollten wir uns alle bewusst darüber sein, dass die virtuelle Kommunikation unser Gehirn mehr fordert, uns damit ermüdet und Anspannung sowie Stress verursacht.