Auswirkungen von Stress: So wirkt sich Stress auf deinen Körper aus

Du fühlst dich gereizt, gehetzt oder deprimiert? Dies sind typische Anzeichen für Stress. Dein Körper läuft auf Hochtouren, gibt Gas und ist bereit, Angreifer zu bekämpfen. Schauen wir uns mal an, was bei Stress alles in deinem Körper passiert:

So reagiert dein Körper kurzfristig auf Stress

Du erinnerst dich an den “Fight or Flight”-Modus aus dem letzten Artikel? Dann stell dir vor, du stehst dem fiesen Säbelzahntiger gegenüber (wahlweise auch deinem Chef). Sobald dein Hirn eine Situation als gefährlich einstuft, geschieht folgendes:

  • Es werden Stresshormone ausgeschüttet, wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin. Cortisol wirkt übrigens wie ein sanftes Schmerzmittel (es erhöht den Gerinnungsfaktor des Blutes und wirkt entzündungshemmend) – sehr praktisch in Gefahrensituationen, z.B. wenn der Säbelzahntiger uns eine mit seiner mächtigen Pranke verpasst hat!
  • Cortisol sorgt auch dafür, dass gespeicherte Energie in Form von Zucker in die Blutbahn gerät (z.B. als schnell verfügbares Depot aus der Leber). Der Blutzucker steigt an, deine Muskeln werden schnell leistungsfähig. Du kannst dich kraftvoll und schnell bewegen.
  • Dein Atem beschleunigt sich – mehr Sauerstoff wird bereitgestellt.
  • Die Blutgefäße zu den Muskeln weiten sich, die herznahen hingegen werden enger. Das Herz schlägt schneller und stärker – der Blutdruck steigt.
  • Unwichtige Prozesse wie die Verdauung werden kurzzeitig heruntergefahren.
  • Dein Hirn schaltet auf Erhaltungsmodus und blockiert den Zugriff auf dein Wissen, Logik sowie Kreativität. So denkst du erst gar nicht darüber nach, wie du dich verteidigst (ob jetzt der Stein, oder der Speer oder doch lieber das Feuer) – du verteidigst dich reflexartig!

Insgesamt werden über 1.400 biochemische Prozesse im Körper angestoßen – das ist enorm! Dies alles spricht eine deutliche Sprache: Dein Körper ist bereit zum Kämpfen oder Fliehen aus einer gefährlichen Situation –  Fight or Flight!

Akuter Stress

Du siehst: Unser Körper ist wunderbar auf Gefahren vorbereitet. Ohne dass du etwas tun musst, schalten alle Prozesse automatisch in ein Programm, das dein Überleben sichert. Stress ist also ein absolut natürlicher Prozess, der eine Reihe positiver Auswirkungen hat.

Nur … früh in unserer Evolutionsgeschichte sind Gefahren schnell vorübergegangen. Der Säbelzahntiger wurde bekämpft, es folgte genügend Zeit zum Ausruhen und Auftanken der Energiereserven. Doch was, wenn du schon morgens genervt im Stau stehst, tagsüber in Meetings sitzt und mit deinen Aufgaben nicht vorankommst, wenn Lärm, Telefon und laute Kollegen um dich herum sind?

Genau dann befindest du dich im Dauerstress. So als würdest du ein Auto ständig im viel zu hohen Drehzahlbereich fahren. Was im Auto Leitungen und Motor verschleißt, passiert auch mit deinem Körper. Und das ist (gelinde gesagt) … unerfreulich.

Langfristige Auswirkungen von Dauerstress

So schlau unser Körper auch ist: Er kann nicht zwischen harmlosem und heftigem Stress unterscheiden. Und so laufen all diese Prozesse im Körper automatisch ab, immer wieder und häufig ohne die wichtigen Erholungsphasen.

Was bei akuten Gefahren so nützlich ist, erhöht langfristig die Wahrscheinlichkeit für Krankheiten.

Bereits vor einigen Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm geschlagen: Im Jahr 2012 starben 38 Millionen Menschen an Zivilisationskrankheiten, davon ca. 16 Millionen noch vor dem 70. Lebensjahr. Dieses Phänomen wird als eine „langsam fortschreitende Katastrophe für die öffentliche Gesundheit“ beschrieben und ist eine „weitaus größere Bedrohung der Volksgesundheit als jede andere der Menschheit bekannte Epidemie“.

Schau mal, wie sich akuter und chronischer Stress auf deinen Körper auswirken:

Auswirkungen von Stress auf Herz und Kreislauf

Bei Stress ziehen sich die herznahen Blutgefäße zusammen, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt. Langfristig führt das in Kombination mit erhöhten Stresshormonen zu so unangenehmen Effekten wie

  • Bluthochdruck
  • Herzrasen
  • Arterienverkalkung
  • Schlaganfall
  • Herzinfarkt

Auswirkungen von Stress auf das Gehirn

Bei akutem Stress arbeitet unser Hirn auf Hochtouren: Studienergebnisse bescheinigen ein besseres Gedächtnis und höhere Konzentration unter Stress. Logisch: Bei einem Kampf gegen einen Angreifer solltest du besser hochkonzentriert sein! (Quelle)

Was kurzfristig dein Leben retten kann, schlägt langfristig ins Gegenteil um: Wer unter ständigem Stress leidet, ist unkonzentrierter und ineffizienter. Noch viel beunruhigender ist ein schrumpfender Teil des Gehirns (dem Hippocampus) durch den erhöhten Anteil am Stresshormon Cortisol im Blut.  (Quelle)

Ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, Stimmungsschwankungen (bis hin zur Depression) und Gedächtnisschwäche können die Folge sein – und das willst du ganz sicher nicht!

Auswirkungen von Stress auf Magen, Darm und Verdauung

“Mir ist was auf den Magen geschlagen.”
“Mir ist ganz schlecht vor Aufregung.”

Stress wirkt direkt auf den Magen-Darm-Trakt – das hast du sicher schon am eigenen Leib erlebt. Schon lange ist bekannt, dass im Körper Gehirn und Darm eng miteinander verbunden sind, doch erst in den letzten Jahren wurde auf diesem Gebiet deutlich mehr geforscht. Man redet heute sogar von einer Art “Darmgehirn”!

Bei akutem Stress wird die Verdauung vorübergehend heruntergefahren – es gibt schließlich Wichtigeres zu tun. Ist die Situation überstanden, wird die Verdauung wieder angekurbelt. Wie diese Unterbrechungen und erhöhten Stresshormone allerdings wirken, ist sehr individuell. Verbreitet entstehen jedoch folgende Symptome und Krankheiten:

  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Krämpfe
  • Blähungen, weil Lebensmittel länger als gewöhnlich im Darm verbleiben
  • Sodbrennen verursacht von einer Überproduktion von Säuren
  • Reizdarmsyndrom/RDS
  • Geschwüre
  • Entzündungen im Darm
  • Übelkeit

Wäre das alles nicht genug Übel, so behindert ein gereizter und entzündeter Darm auch die Nährstoffaufnahme im Körper. Es geht so weit, dass du gesund essen kannst, und trotzdem nicht von den Vorteilen profitieren kannst. Blöd, oder?

Auswirkungen von Stress auf das Immunsystem

Laut einer Meta-Studie (also einer Studie über Studien) wirkt sich kurzfristiger Stress positiv auf das Immunsystem aus. Auch hier setzt sich das Bild fort: Je kürzer die Stresssituation, desto besser kann der Körper damit umgehen. Je länger der Körper Stress ausgesetzt ist, desto negativer wird das Immunsystem beeinflusst. (Quelle)

Unser Immunsystem ist nicht mehr und nicht weniger als eine geniale Erfindung, den Körper gegen Millionen von Schadstoffen zu wehren. Es sorgt dafür, dass weniger Erreger in den Körper eindringen und kümmert sich um diejenigen, die es doch geschafft haben.

Du ahnst es sicher schon … andauernder Stress wirkt sich absolut nicht positiv auf unser Immunsystem aus – im Gegenteil. Der hohe Anteil des Stresshormons Cortisol schränkt die Funktionsweise ein, die weißen Blutkörperchen sinken. Auf diese Weise sind Menschen unter chronischem Stress anfälliger für virale Erkrankungen wie Erkältungen und Grippe. (Quelle)

Auswirkungen von Stress auf das Gewicht

Manche Menschen nehmen unter Stress ab, viele andere eher zu. Das hat unter anderem zwei Gründe:

  • Du greifst bei Stress gern nach etwas Süßem? Das hat auch biologische Gründe: Der hohe Gehalt des Stresshormons Cortisol im Blut ruft nach schneller Energie, besonders in Form von Kohlenhydraten und Zucker – und das oft in viel zu großen Mengen.
  • Cortisol sorgt in akuten Stresssituationen auch dafür, dass Glukose ins Blut abgegeben wird. Wird diese überschüssige Energie nicht abgebaut (z.B. durch Kampf oder Flucht), wird sie als Fett im Körper eingelagert.

Klingt nach einem fiesen Zyklus, oder?

Du hast Stress und mehr Appetit, sowohl Cortisol als auch die zusätzliche Energie führen zu einem höheren Blutzuckergehalt, was deinen Körper noch mehr unter Stress setzt. Nicht schön.

Fazit

Stressbezogene Krankheiten nehmen immer mehr zu. Der Hauptgrund: Wir aktivieren viel zu oft ein System unseres Körpers, das eigentlich zur Gegenwehr bei akuten Gefahren konzipiert wurde. Stattdessen schalten wir es dauernd an, machen uns Sorgen über Kredite, Beziehungen und Beförderungen. (Quelle: Sapolsky, Why zebras don’t get ulcers: An updated guide to stress, stress-related disease, and coping)

Ist unser Körper dafür gebaut? Nein, auf keinen Fall. Früher oder später wird er vor zu viel negativem Stress und all seinen Auswirkungen kapitulieren. Vielleicht merken wir die Auswirkungen alle erst viel später – umso wichtiger ist es, die negativen Effekte von Stress bereits jetzt zu kennen:

Vor einschneidenden und unerwarteten Lebensereignissen können wir uns nicht schützen – viele andere Aspekte unseres Lebens haben wir selbst in der Hand. Grund genug, sich mit Anti-Stress-Maßnahmen zu beschäftigen, oder?

Bildnachweis: Grafik des menschlichen Körpers basiert auf einem Design von Freepik

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